22
Aug
2007

Faltenwurf

Meine Freundin H. bügelt nie. Sie kauft Kleidung für sich und ihre beiden Söhne gleich nach dem Kriterium Wie-siehts-ungebügelt-aus. Nach jahrelanger Übung schüttelt sie die nasse Wäsche vorm Aufhängen so gekonnt, dass man die Knitterfalten förmlich herausfallen sieht.

Meine Freundin D. bügelt täglich. Sie legt die Wäsche ungeglättet in den Schrank und sucht jeden Abend aus, was sie am nächsten Tag anzieht. Das bügelt sie dann. Und so ist sie immer faltenfrei.

Als mein Großvater starb, bügelte meine Großmutter zwei Tage und zwei Nächte durchgehend. Kein Wäschestück war vor ihr sicher. Sie hatte 50 Jahre lang für glatte Hemden gesorgt und konnte nicht so plötzlich damit aufhören.

Als ich in die Volksschule ging, hatte unsere Nachbarin eine Bügelmaschine. Das sperrige, zischende Ding verstellte beinahe die ganze Wohnung, aber es bügelte quasi von selbst. Mich faszinierte vor allem der seitliche Hochsitz. Ich erwartete jeden Moment, dass die Bügelmaschine samt Nachbarin davonflöge.

Ich habe mein Bügelleben noch nicht geordnet. Beschäftige mich noch mit der Frage, wie man ein Spannleintuch mit Anstand zusammenlegt. Wie man verhindert, dass man T-Shirts den vorderen Halsausschnitt von hinten ansieht. Und - worüber sich brave regelmäßige Bügler so freuen können wie ich über ein Kleidungsstück, von dem ich schon vergessen hatte, dass ich es besitze.

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