29
Nov
2005

Ein Modernes Märchen

Burg Es war einmal ein Königssohn, der lebte in einer Burg, die von einem riesigen Burggraben umgeben war. Der Königssohn war am liebsten allein und hatte deshalb die Zugbrücke meistens hochgezogen. Manchmal allerdings ritt er auf seinem Pferd, das Latein konnte und daher auf "Audi!" hörte, zu seinen Untertanen. Da er mit seinen tiefblauen Augen den Menschen bis in die Seele schauen konnte und oft besser wußte als sie selbst, was gut für sie war, war er sehr beliebt. Man wunderte sich nur, warum er sich nicht endlich eine Frau suchte.

Am anderen Ende des Reiches wohnte ein lebenslustiges Mädchen, das viele Freunde hatte und oft bei ihnen eingeladen war. So begab es sich, dass es bei einem Geburtstagsfest den Königssohn kennenlernte. Es war mitten im tiefen Winter und der Königssohn hatte sein Pferd nicht dabei. Das gutmütige Mädchen besaß ein Pony und brachte den Königssohn in der sternenklaren Nacht in seine Burg zurück. Dabei verliebte es sich unsterblich in ihn.

Um seinen Königssohn zu bekommen, musste es aber drei Aufgaben lösen, wie das damals so üblich war. Die erste Aufgabe lautete, dass sie elf Monde auf ihn warten musste, ohne in der Zwischenzeit einen anderen Mann auf ihr Lager zu lassen. Als sie das geschafft hatte, sagte er zu ihr: "Du hast nun Geduld und Ausdauer bewiesen. Zwei Aufgaben hast du trotzdem noch zu bestehen."

Die zweite Aufgabe lautete, dass sie alles Silber, das in seiner Burg zu finden war, polieren, zählen und nach Größe ordnen sollte. Als schließlich alles blitzte und funkelte, gab der Königssohn ein Bankett und lud alle seine Freunde ein, und immer noch war sauberes Silberbesteck übrig. Danach sagte er zu dem Mädchen: "Du hast nun Ordnungsliebe und Intelligenz bewiesen. Eine Aufgabe hast du trotzdem noch zu bestehen."

Die dritte Aufgabe lautete, dass das Mädchen ein Haar am Körper des Königssohnes finden sollte. Sie suchte und suchte und meinte schon, aufgeben zu müssen. Schließlich kam ihr der Königssohn zu Hilfe (denn er hatte sich auch in sie verliebt) und ließ sich ein Haar wachsen. Dann sagte er: "Du hast nun bewiesen, dass du mich wirklich liebst. DAS MACHT MIR JETZT DOCH EIN BISSCHEN ANGST."

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute
in getrennten Wohnungen und pflegen ihre Neurosen.

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