22
Sep
2006

Mindestens 20 Ehen

… habe ich auf dem Gewissen.
Die habe ich eigenhändig geschieden, damals als Rechtspraktikantin am Familiengericht in Graz. Die Richterin unserer Abteilung hatte einen neuen Unterhaltsberechtigten produziert. Und so mussten wir zu zweit die Amtstage bestreiten und einvernehmliche Scheidungen zu Protokoll nehmen.

Einmal kam eine verzagte 45jährige und gab an, sich von ihrem Mann trennen zu wollen, weil er sie geschlagen habe. Wir nahmen die Scheidungsklage auf und bemitleideten sie. Eine Woche später war sie wieder da. Und wollte die Klage wieder zurückziehen. „Wir haben uns versöhnt.“ Drei Tage später wollte sie dann doch wieder klagen.
Mein Kollege, sonst sehr gelassen, schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Sie nehmen das Gericht wohl nicht ernst?“ Ich zog die Frau zur Seite und hörte mir die ganze Geschichte an. „Was wird aus den Kindern, wenn ich gehe? Was wird aus mir, wenn ich bleibe?“, kam sie auf den Punkt. Wir haben lange geredet.

Ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.
Jedes Mal, wenn ich mich aus Liebe demütigen ließ, musste ich an sie denken.

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