22
Sep
2006

Mindestens 20 Ehen

… habe ich auf dem Gewissen.
Die habe ich eigenhändig geschieden, damals als Rechtspraktikantin am Familiengericht in Graz. Die Richterin unserer Abteilung hatte einen neuen Unterhaltsberechtigten produziert. Und so mussten wir zu zweit die Amtstage bestreiten und einvernehmliche Scheidungen zu Protokoll nehmen.

Einmal kam eine verzagte 45jährige und gab an, sich von ihrem Mann trennen zu wollen, weil er sie geschlagen habe. Wir nahmen die Scheidungsklage auf und bemitleideten sie. Eine Woche später war sie wieder da. Und wollte die Klage wieder zurückziehen. „Wir haben uns versöhnt.“ Drei Tage später wollte sie dann doch wieder klagen.
Mein Kollege, sonst sehr gelassen, schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Sie nehmen das Gericht wohl nicht ernst?“ Ich zog die Frau zur Seite und hörte mir die ganze Geschichte an. „Was wird aus den Kindern, wenn ich gehe? Was wird aus mir, wenn ich bleibe?“, kam sie auf den Punkt. Wir haben lange geredet.

Ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.
Jedes Mal, wenn ich mich aus Liebe demütigen ließ, musste ich an sie denken.
(Gast) - 22. Sep, 22:42

demütigen

wer wen?

SingleMama - 24. Sep, 09:31

zunächst ist es die Liebe, wegen der man sich demütigen lässt. anschließend nur noch die Angst vor einer ungewissen Zukunft. Erst wenn man diese überwunden hat, kann man klare Entscheidungen treffen.

workingmama - 24. Sep, 18:46

so very true

Saviour - 25. Sep, 20:13

warum lässt man sich "wegen der liebe" demütigen ?
und welche angst vor einer vermutlich in jeder lebenslage und zu jeder zeit ungewissen zukunft ?
und erst wenn man diese überwunden hat, "kann man klare entscheidungen treffen" ... davor nicht ?
interessantes thema, aber ich verstehe so gut wie kein wort dieser argumentation (dies liegt vermutlich an mir).
workingmama - 25. Sep, 20:52

nun ja...

h. würde es vermutlich verstehen, so wie all die männer mit dem "doof"-button, und noch mehr frauen. man hat träume und will sie um (fast) jeden preis weiterträumen, auch wenn einem in wahrheit schon lange die augen geöffnet wurden. dann lässt man sich auch mal demütigen, oder zumindest schlecht behandeln, weil man denkt, das geht vorbei und man darf nachher weiterträumen. irgendwann gibt man auch diesen gedanken auf und merkt, dass gar nichts so gewiss ist wie es schien. wenn träume so leicht platzen, kann es alles andere auch? ein bißchen angst macht das schon. aber es bringt einen auch weiter, man sieht klarer und trifft die entscheidung, dass man auf träume in zukunft eben verzichtet. oder sie zumindest ein bißchen weniger ernst nimmt. (statt träume kannst du übrigens auch pläne oder lebensentwürfe einsetzen, falls es dir zu kitschig ist.)
mit dieser leichtigkeit des seins bist du vielleicht schon geboren...

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