12
Jun
2007

(Alp)traum

Ich befinde mich im Wiener Konzerthaus mit seinen diversen großen und kleinen Sälen. Irgendwo in der verschachtelten Architektur befindet sich meine Tochter. Ich habe vier Minuten Zeit, sie zu finden.

Leider wache ich an dieser Stelle nicht auf. Mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren ("Wir gehen hinunter", hat sie gesagt. Aber wie weit hinunter? Hat das Gebäude einen Keller? Passen dort 800 Kinder hinein?). Zwei Mädchen im Alter meiner Tochter laufen eine Stiege hinunter. Eine Dame in Konzerthaus-Uniform hindert mich unwirsch, ihnen zu folgen. Ich muss sie finden...

Noch immer wache ich nicht auf. Irre durch die Gänge und verursache auf den dicken roten Teppichen keinen Laut. Meine Finger umklammern die kleine Plastikbox. Ich komme zu einer großen Holztür mit zwei Flügeln. Auf einem Zettel steht "C" und "D" und "Bitte keine Eltern im Probenraum". OK, aber es ist ein Notfall! Welchen Buchstaben hatte bloß die Gruppe meiner Tochter? Ich habe sie doch oft genug zu Proben gebracht. Keine Ahnung. Zwei Kinder öffnen die Tür und schlüpfen hinein. Durch den Türspalt sehe ich, dass der Raum riesig ist. 400 Kinder sind da drinnen nach meiner Rechnung. Ich muss es tun.

Und ich habe es geschafft: Meiner Tochter die (auf ihren Wunsch) giftgrüne Zahnspange aus dem Mund geholt, bevor sie auf Wiens größter Konzertbühne im Chor sang.

Als ich auf meinen Platz schleichen wollte, saß dort schon jemand. "Ein Irrtum" schlug ich ihm vor, doch er hielt mir die exakt idente Karte unter die Nase. "Ach, suchen Sie sich doch irgendeinen freien Platz", meinte die Kartenabreisserin, ohne mir zu erklären, woran man freie Plätze erkennt, bei einem Konzert, wo drei Viertel der Besucher aka Eltern mit Videokameras auf den Sitzlehnen balancieren.

Es war das Festliche Kindersingen der Musikschulen der Stadt Wien. 800 Kinder werden jedes Jahr ausgewählt und bestreiten gemeinsam mit einem Orchester zwei Stunden beachtliches Programm. Diesmal unter anderem mit französischen Liedern aus diesem Film. Wunderschön und sehr professionell.

Meine Bewunderung war grenzenlos:
Wie machen die das, dass 800 Kinder zugleich NICHT aufs Klo müssen?

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