Mama

25
Jan
2007

Kinder erwünscht?

Ich erinnere mich gerne an die drei Monate, die ich mit meiner beinahe neugeborenen Tochter 1998 in Marina di Pisa gewohnt habe. Es war zwar gewöhnungsbedürftig, dass die Italienerinnen mein Baby ständig angreifen wollten. Weil seine (empfindliche) Haut bianca come latte war, was regelmäßig Begeisterungsstürme auslöste.

Die Vorderseite der Medaille war, dass ich mit der Kleinen auch in Restaurants und an sonstigen Erwachsenenorten willkommen war. Und zwar auch nach Sonnenuntergang. In unserem Stammlokal in Tirrenia kamen die Köchinnen aus der Küche gelaufen, sobald die Kleine im Gastraum quäkte. Beschwerden von Ministerinnen an Nebentischen gingen keine ein.

Die Rückkehr nach Österreich war ein Kulturschock. Hier war und ist es verpönt, sich außerhalb der Bürozeiten mit Kids zu zeigen. Nicht, dass Gastwirte sich nicht (teilweise) Mühe geben würden. Durch Hochstühle, Kindermenüs, Buntstifte, usw. Nicht, dass es nicht ausreichend Freizeitprogramm für jedes Alter gäbe. Die Gesellschaft legt aber Wert auf eine klare Trennung: Hier kinderlose Singles – dort Familien.

"Der Freizeitbereich ist weitgehend auf kinderlose Menschen ausgerichtet und selten kindergerecht", sagt der Freizeit- und Tourismusforscher Zellmann*. Und Rudolf Schipfer* vom Österreichischen Institut für Familienforschung meint, "Kinder werden mehr und mehr aus dem öffentlichen Bereich verdrängt“ - indem eigene Bereiche für sie reserviert sind.

Für sie, und für ihre Eltern. „Selber schuld“, ist die Message. Schluss mit lustig. Ihr wisst, wo Ihr jetzt hingehört: in zugige Foyers von Indoor-Spielplätzen und Kinderkinos, einen Plastikbecher mit Automatenkaffee in der Hand. Hat Euch ja keiner angeschafft.

Und da wundern sich die Politiker, wenn die Lust auf Kinder in Österreich so niedrig ist wie in keinem anderen europäischen Land.
Stimmt nicht. Die Familienministerin wundert sich eh nicht.

*Quelle: Die Presse

PS: Übrigens gibt es eine Formel zur Berechnung der Zeit, die vergeht, bis beim Restaurantbesuch mit Kindern das Chaos ausbricht.

20
Jan
2007

1 glatt, 3 verklärt

Österreich beschäftigt sich derzeit mit den Fragen:
Muss eine Familienministerin Kinder haben, oder sie zumindest mögen?
Darf eine Gesundheitsministerin übergewichtig sein und rauchen?

Andrea Kdolsky hat keinen leichten Start in ihr Amt. Dass sie gerne Schweinsbraten isst und gelegentlich raucht, macht sie dem Durchschnittsbürger ja eher sympathisch. Dass sie aber "ein gehöriges kritisches Potenzial" hat, wenn "Kinder in unangenehmer Weise in ihr Leben intervenieren" nimmt man ihr übel. Dabei meint sie es doch nicht böse... sie wehrt sich als Kinderlose nur gegen die "Verklärung der Mutterschaft".

Liebe Frau Bundesminister, nach meiner Erfahrung kann man Mutterschaft nur so lange verklären, wie man keine Kinder hat. Was zu dem paradoxen Ergebnis führt, dass eine kinderarme Gesellschaft die Kleinfamilie immer mehr verklärt.

Manche Kinderlose - ob zufällig Familienministerin oder nicht - sieht sich dadurch ins Eck gedrängt und bläst zum Angriff. O-Ton Kdolsky: "Wenn ich einen Abend in einem Nobellokal genießen will, wenn ich im Flugzeug nach New York sitze - dann kann mir ein schreiendes Kind einiges vermiesen".

Wir unverklärten Mütter können das durchaus nachvollziehen. Am schlimmsten ist es, ich schwöre, wenn das eigene Kind brüllt. Man ist dann nahe daran, sich von seinem Beitrag zur Erhaltung der Menschheit und zum Generationenvertrag kurzzeitig zu distanzieren.

In Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsministerium müßte sich doch ein Schalldämpfer für den Kindermund entwickeln lassen. Oder wir führen statt Nichtraucherecken eben Nichtelternecken ein.

Langsam begreife ich allerdings, warum diese Kinder im Nobelrestaurant und beim Transatlantikflug so schreien: Weil eine Politikerin in unangenehmer Weise in ihr Leben interveniert.

4
Dez
2006

Brad Pitt nackt

Um sowas kennen zu lernen, muss man wohl über eine minderjährige Tochter verfügen.

30
Nov
2006

Ist ein guter Mann

Die Wiener Jugend-Stadträtin Grete Laska will den Nikolaus also doch nicht verbieten.

Wahr ist vielmehr, dass in Wiener Kindergärten keine dafür bezahlten Studenten mehr fragen dürfen, ob die Kinder auch brav waren. Nein: die Kindergartenpädagogen (die ja meist -pädagoginnen sind) müssen selbst in die Verkleidung schlüpfen. Am besten vor den Augen der Kinder. Damit die Dreijährigen weniger überrascht sind, wenn Tante Birgit plötzlich einen langen weißen Bart hat.

Meine Tochter hat ja das Konzept Nimm-keine-Süßigkeiten-von-Fremden-außer-am-6.-Dezember erst ab Schuleintritt verstanden. Dennoch möchte ich keineswegs die Tradition als solche verteufeln. Mir sind zudem mehrere Eltern bekannt, auf die das Hausverbot ebenfalls Anwendung finden müßte, wollte man überholte pädagogische Konzepte verbieten.

Ich habe allerdings schon als Kind keinen Wert darauf gelegt, dem Nikolaus persönlich zu begegnen. (Freunde berichteten mir damals von seinen unerklärlichen Größen- und Alterssprüngen über die Jahre.) Zu Hause stellten wir am Abend des 5. Dezember die geputzten Stiefel vor die Tür. Den folgenden Tag verbrachten wir mit dattelverklebtem Magen, und - von einer vergessenen Walnuss herrührenden - Schmerzen im linken Fuß.

Was sagt die Legende? Nikolaus erfuhr von einem Mann, der sich mangels Mitgift gezwungen sah, seine drei Töchter in die Prostitution zu schicken. Nikolaus hatte gerade geerbt und warf den Mädchen nachts drei Goldklumpen ins Zimmer.

Die Botschaft war nicht: Belohnt wird, wer brav war.
Die Botschaft war: Gutes kann man auch unerkannt tun.

22
Okt
2006

Anmeldung zu Jazz Dance

(geringfügig verändertes Originalformular)

Ich melde meine/n Tochter/Sohn für das Schuljahr 2006/2007 zu folgendem Kurs in der Kinder- und Jugendtanzabteilung an: .....
Name:
Geburtsdatum:
Straße, Nummer, PLZ, Ort, GrundbuchNr.:
Telefon, Handy, E-Mail von allen Verwandten:

Da häufig Komplikationen bei der Zuordnung unterschiedlicher Namen der Eltern und Kinder (Ihr solltet Euch schämen, blöde Patchworker) auftreten, ersuchen wir um Bekanntgabe eines zahlungspflichtigen Erziehungsberechtigten und Einrichtung eines Einziehungsauftrages.
Bei Erstanmeldung werden einmalig 20 Euro verrechnet.
Ab dann wird es dreistellig.

Der gesetzliche Vertreter des Kursteilnehmers verpflichtet sich, sein Kind regelmäßig und pünktlich zum Unterricht zu bringen. Zuspätkommen zieht Ausschluss aus dem Kurs, dem österreichischen Schulsystem und der jeweiligen Religionsgemeinschaft nach sich.

Die Zahlungspflicht besteht auch im Falle einer Erkrankung oder des Nichterscheinens zum Unterricht aus anderer Ursache, z.B. Teenagerschwangerschaft, Tsunami oder Tod.

Ist der gesetzliche Vertreter mit der Zahlung ganz oder teilweise in Verzug, so kann der Kursteilnehmer ausgeschlossen werden, doch bleibt die Zahlungspflicht bis zum Ende des Schuljahres 2017 aufrecht. Es werden Verzugszinsen in Höhe von 10 % des Familien-Jahreseinkommens sowie Mahngebühren verrechnet.

Der Kursaustritt ist nur semesterweise mittels eingeschriebenem Brief bis zum 8. Dezember (Reingefallen, Feiertag, da gibt's keine Post!) möglich. Die Kursgebühr ist jedenfalls bis zur Volljährigkeit zu bezahlen. Abmeldungen nach diesem Termin können ausdrücklich nicht berücksichtigt werden. Eine Teilnahme an der öffentlichen Verbrennung der Abmeldungen ist ausdrücklich nicht möglich.

Ich habe die verbindlichen Richtlinien vollinhaltlich zur Kenntnis genommen.
Unterschrift des erziehungsberechtigten Zahlungspflichtigen: .....

5
Okt
2006

Kindermund

Ich, langsam ungeduldig, um 20.30 Uhr:
Wann wirst du denn heute schlafen gehen?

Sie:
Weiß nicht! Bin ich eine Hellseherin?

1
Okt
2006

Babytalk

Ich habe es lange nicht geglaubt. Aber es gibt tatsächlich Mütter, die ihren Fundus an Gesprächsthemen mit der Nachgeburt entsorgen. Ab diesem Moment bringen sie keine ganzen Sätze mehr heraus, in denen nicht das wunderbarste aller Kinder das Subjekt ist. Der Zustand von Synapsenknappheit kann Jahre, ja Jahrzehnte andauern.

Ein solches Exemplar begegnete mir heute beim Nachmittagskaffee. Hübsch, blond, schlank, allein unterwegs. "Er hat die ganze Nacht gekotzt", war die Einleitung. Als ich in mein Keks biss, folgte die Anekdote vom Selber-Hintern-Putzen-Wollen des Zweijährigen. "Mein Dackel geht bei Regen nicht hinaus", versuchte eine Dritte das Thema zu wechseln. Woraufhin wir mit allen Ausdrücken für nasses Wetter versorgt wurden, die die Babysprache hergibt.

Ab da wurde es zum Sport. "Tanzt du schon lange?" wagte ich einen Schuss ins Blaue. "Also in der ersten Schwangerschaftshälfte habe ich pausiert. Und als er dann da war, hat er während des Trainings in der Ecke geschlafen. Inzwischen leckt er am Spiegel." Ich versuchte, mir das nicht vorzustellen. Und das Gespräch wenigstens auf den Kindsvater zu lenken. Auch das misslang kläglich. "Er wickelt Papa um den Finger. Ein Schauspieltalent, ich könnte ihn sofort in der Schauspielschule anmelden."

Ich schluckte den restlichen Kaffee gemeinsam mit einem "Mein Beileid zum Ableben der Gehirnmasse" hinunter und blies zum Rückzug.
Heute konnte ich das einfach nicht ertragen.

18
Sep
2006

Der ganz normale Wahnsinn

To Dos rund um den Schulbeginn:

- Schultasche, Federpennal, Tischunterlage, Hausschuhsack, Turnsack checken und mitgeben
- 15 kg Bücher und Hefte einbinden
- Anmeldung für Flöte (nur möglich am 20.9. von 15.33 bis 15.46)
- für einen Mittelquart-Einband 76 Minuten an der Kassa beim Libro stehen
- am nächsten Tag dasselbe für ein Geodreieck (klein) wiederholen
- Taschenlampe für die Höhlenexpedition ausborgen
- Lauras Mama wegen Tennisschnupperstunde anrufen
- Bettina zum Übernachten gegeneinladen (Achtung Nussallergie!) - Freitag?
- 50 minus 10,50 Euro in die Klassenkasse einzahlen
- 17,84 für Englischbuch in ein Kuvert (bitte genau abgezählt)
- Termine bekanntgeben, wann ich Elternbegleitung beim Schwimmen sein kann (Montag vormittag!)
- Gesunde Jause mit Annas Mutter koordinieren (oh Gott, wann ist Schulwoche 21?)
- Proviant: Dienstag ja, Freitag nein (Lunchpaket), Donnerstag nur Getränk
- Liedermappe und Religionsmappe vom letzten Jahr suchen (Altpapier?)
- Ines sagen, wie man die Läuse wieder los wird
- vormerken, dass Förderschwerpunktstunde(?) normalerweise um 12 Uhr endet, nicht aber an Werktagen außer Weihnachten
- Turnsachen wieder aus der Schule holen (Jazzdance-Schnupperstunde!)
- herausfinden, was Creativity Club ist (Testimonials: Sarah, Laura?)
- Drahtkleiderbügel und Strumpfhosen in verschiedenen Farben für Werkunterricht mitgeben (Crossdressing?)
- Anmeldung für Betreuung donnerstags von 10.50 bis 11.45 nochmals abgeben (in der letzten war ein Grammatikfehler)
- Bücherbus-Termine notieren (wg. Halteverbot vor der Schule)
- Schulbuchselbstbehalt, Essensgeld überweisen
usw usw

Manchmal schickt einem Gott Amazon das rechte Buch zur rechten Zeit. Gäbe es May Contain Nuts nicht, müßte ich es schreiben. Und dazu komme ich wirklich nicht. Denn so weit ich mich erinnern kann, habe ich auch noch einen Job.

17
Sep
2006

Mütterschreck

Meine Kleine hat zum zweiten Mal in zwei Wochen bei einer Freundin geschlafen. Oder sollte ich sagen, "zu schlafen versucht"? Jedes Mal öffnen mir übernächtige und mit letzter Kraft angekleidete Familienmitglieder die Eingangstür, wenn ich gutgelaunt und ausgeschlafen zum Abholen komme.

Sie hat die ganze Nacht gehustet... um ein Uhr früh habe ich ihr heiße Milch und einen Thermophor gemacht (Mutter 1)... um sieben Uhr früh habe ich ihr den Whirlpool mit Duftölen eingelassen (Mutter 2)...

Du hättest mich ruhig anrufen können, bestehe ich fürs nächste Mal auf besseres Krisenmanagement bei Asthmaanfällen. Allerdings fürchte ich, dass es kein nächstes Mal geben wird. Nicht bei Mutter 1, nicht bei Mutter 2, und nicht bei allen Müttern, mit denen sie sprechen.

Schade, meint meine Kleine, der Whirlpool war voll cool.

10
Sep
2006

Zu allem fähig

"Wir sind dem Wahn verfallen, uns beweisen zu müssen, dass wir zu allem fähig sind", schreibt Eva Hermann in ihrem umstrittenen Buch Das Eva-Prinzip, das angeblich die Frauen an den Herd zurückpfeift.

Ich habe es nicht gelesen und ich möchte es auch nicht lesen. Weil mir scheint, dass Frau Hermann bloss ihr eigenes Dilemma niedergeschrieben hat und sich anmaßt, daraus allgemeine Empfehlungen abzuleiten. "Wir Frauen sollten öfter einfach mal den Mund halten." So wie dieser Satz ist - nehme ich an - das ganze Buch wahr, wenn man "alle Frauen" konsequent durch "Frau Hermann" ersetzt.

Mit 47 und nach drei gescheiterten Ehen ist sie zur Erkenntnis gekommen, dass sie persönlich es nicht schafft, Mann, Kind und hochdotierten TV-Job unter einen Hut zu bekommen. Niemand wäre ihr deshalb böse. Dass sie sich schon vor 20 Jahren lieber "einen Mann suchen, ihn arbeiten lassen und mich um unsere fünf Kinder kümmern" hätte sollen, ist doch völlig ok. Bei der entstandenen Diskussion fragt man sich nur: Warum hat sie es nicht getan? Und warum ärgert sie sich nicht etwas leiser darüber, dass sie es verabsäumt hat?

Vielleicht, weil sie zu Recht erwartet hat, dass sie eine neue Feminismus-Debatte lostritt. Frechheit!, schreit das andere Lager empört. Und es wird wieder keine Lösung geben, nur einen Tanz um den Stein der Weisen.

Bevor meine Tochter vor der Frage stehen wird, ob und wie sie Kind und Karriere in ihrem Leben unterbringt, wird sich die Gesellschaft wohl nicht geändert haben. Also wünsche ich ihr nichts weiter als die Kraft, sich nichts ein- oder ausreden zu lassen. Den Mut, einen einmal eingeschlagenen Weg wieder zu ändern. Und die Demut, mit dem Fast-Perfekten zufrieden zu sein. Dann ist sie zu allem fähig, glaube ich.

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